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Integrierte Projektabwicklung (IPA): Eine neue Ära der Projektsteuerung

Integrierte Projektabwicklung (IPA): Eine neue Ära der Projektsteuerung

Juni 2025
Integrierte Projektabwicklung IPA Projektmanagement
7 min Lesezeit

Was sind IPA-Projekte?

Die Integrierte Projektabwicklung (IPA) stellt ein kooperatives Projektabwicklungsmodell dar, dessen Hauptziel in der Optimierung von Effizienz und Ergebnisqualität von Bauprojekten besteht. Im Kern sieht IPA die frühzeitige Integration aller wesentlichen Projektbeteiligten – Auftraggeber, Planer und Ausführende – in einen Mehrparteienvertrag (Allianzvertrag) vor.

Dieser integrative Ansatz fördert die Etablierung einer kollaborativen Projektkultur, die durch Transparenz, gemeinsame Zieldefinition und konsequente Risikoteilung geprägt ist. Ziel ist es, Projektrisiken substanziell zu minimieren und die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Projektabschlusses signifikant zu erhöhen.

Zur Rolle der Projektsteuerung in den IPA-Projekten hat der DVP ein Positionspapier herausgegeben, dass diesem Blogbeitrag inhaltlich als Grundlage diente und aus dem mehrfach sinngemäß zitiert wurde. Für weiterführende Informationen siehe: https://dvpev.de/projektmanagementleistungen-in-kooperativen-projektabwicklungsmodellen/



Wie unterscheiden sich IPA-Projekte von gewöhnlichen Bauprojekten?

Die Abgrenzung von IPA-Projekten zu konventionellen Bauvorhaben manifestiert sich primär in der Struktur der Zusammenarbeit und der Verteilung von Risiken und Chancen. Während traditionelle Projekte häufig durch einen sequenziellen Projektablauf mit strikter Trennung zwischen Planungs- und Ausführungsphasen charakterisiert sind, betont IPA die integrale und partnerschaftliche Kooperation aller Beteiligten von der Initialphase an.

Frühe Einbindung der Allianzpartner: IPA-Projekte zeichnen sich durch die frühzeitige Einbindung aller Schlüsselbeteiligten bereits in der Projektvorbereitungsphase aus. Dies ermöglicht eine simultane Bearbeitung von Planungs- und Ausführungsaspekten und optimiert die Abstimmung zwischen den Gewerken.

Gemeinsame Projektziele (Conditions of Satisfaction): Der Fokus verlagert sich von der Optimierung von Einzelinteressen hin zur Maximierung des Gesamterfolgs des Projekts. Die "Conditions of Satisfaction" (CoS) dienen dabei als Parameter zur Festlegung und Messung des Projekterfolgs.

Integrierte Risikoteilung (Painshare/Gainshare): Ein wesentliches Merkmal von IPA ist die symmetrische Verteilung von Risiken und Chancen unter den Allianzpartnern. Dieses "Painshare/Gainshare"-Prinzip fördert eine offene Kommunikation, die proaktive Identifikation von Problemen und die Entwicklung gemeinsamer Lösungsstrategien.

Maximale Transparenz: IPA-Projekte sind durch einen hohen Grad an Transparenz in Bezug auf Projektinformationen, Entscheidungsfindungsprozesse und finanzielle Transaktionen gekennzeichnet. Dies schafft Vertrauen und ermöglicht eine fundierte Entscheidungsfindung durch alle Beteiligten.

Diese fundamentalen Unterschiede bedingen einen signifikanten Wandel der Projektkultur und der internen Projektdynamik im Vergleich zu traditionellen Bauprojekten.

Zugegeben, man muss alles eine Weile „sacken“ lassen, bevor ein Grundverständnis entsteht. Versuchen wir mal eine Erklärung mit einfachen Worten am Ablauf eines Projektes:

  1. Zunächst beginnt das Projekt wie jedes andere auch. Auf Bauherrnseite muss die Aufgabenstellung, die Spezifikation erarbeitet werden, ein Vorgang, der vor dem eigentlichen Planungsbeginn stattfindet (Bedarfsanalyse). Kann der Bauherr diese Aufgabe nicht allein leisten – über Inhalte und Wichtigkeit dieser Aufgabe haben wir in diesem Beitrag aufgeklärt – dann bedient man sich externer Unterstützung durch ein Projektsteuerungsbüro. Aus der Sicht der Projektsteuerung ist die Konstellation in der Phase der Projektvorbereitung wie bei konventioneller Abwicklung auch. Es gibt ein bilaterales Vertragsverhältnis zwischen Bauherr und Projektsteuerung. Ein Mehrparteienvertrag kann noch keine Rolle spielen, weil bis zu diesem Zeitpunkt keine anderen Player im Spiel sind. Im Gegenteil, deren Auswahl hängt von den Ergebnissen dieser Phase ab.
  2. Steht die maßgebliche Aufgabenstellung muss Planungskapazität in das Projekt eingebunden werden. Es kommt also zumindest zu einer weiteren Partei, dem Generalplaner. Da man aber das Know-how der Ausführungsfirmen frühzeitig mit ins Projekt bekommen möchte, wird neben dem Generalplaner in einer frühen Phase bereits die noch fehlende Partei, nämlich der Generalunternehmer mit ins Boot genommen. Damit könnte man vergleichsweise frühzeitig mit Teilen der Ausführung beginnen, was dem Terminplan entgegenkommen kann.
  3. Aber kann man eine Ausführungsfirma so früh verpflichten, die doch eigentlich eine exakte und damit fertige Leistungsbeschreibung benötigt und die eigentlich auch erst anbieten kann, wenn eine auf der Basis einer fertigen Planung generierte Ausschreibung erstellt wurde? Wie erreicht man auf diesem Weg Marktpreise?
  4. Genau das ist das besondere Momentum eines Mehrparteienvertrages. Die Partner werden nicht nach dem Preis eines Angebotes, sondern nach ihrer Eignung für die Aufgabe ausgewählt. In der ersten Phase, vergleichbar mit der LPH 2 und teilweise auch LPH 3, verständigt man sich im Team der Parteien auf ein inhaltliches und mit Kosten und Terminen hinterlegtes Projektziel. Alle Parteien sind nun verpflichtet, diesem Ziel zu folgen. Alle weiteren Schritte erfolgen in einem Open-Book-Verfahren, damit zu jeder Zeit der Überblick der Realkosten gegeben ist.
  5. Alle Parteien sehen das Projektziel als realistisch erreichbares Projektziel an. Um dem Mark gerecht zu werden, beteiligen sich die wesentlichen Parteien (GP und GU) am Painshare-/Gainshare-Vergütungssystem; vergleichbar mit einer Bonus-/Manus-Regelung. Damit haben alle Partner, was davon, wenn das Projektziel erreicht; besser noch unterschritten wird. Auf diesem Weg wird die Marktignoranz wieder kompensiert. Diverse Interessen einzelner Vertragsparteien ordnen sich dem gemeinsamen Interesse unter, ohne dass es zu einer Benachteiligung einer Partei kommt.

Soweit der zweifellos idealistische Ansatz aber mit einem aus unserer Sicht durchaus erfolgsversprechendem Momentum, welches ein Hohes Maß an Partnerschaft und Vertrauen voraussetzt. Das erwähnte Positionspapier des DVP schreibt von einem „Kulturwandel“. Große Worte. Aus unserer Sicht: gerechtfertigte Worte.

Zurückblickend auf viele Jahre Projektsteuerungserfahrung erleben die „etwas“ Älteren unter uns ein Déjà-vu. Hatten wir das nicht schon einmal? Ja - zumindest ähnlich; zu Zeiten als die Wirtschaftsunternehmen ihre Projekte noch mit der „Haus- und Hof-Firma“ abgewickelt haben und der Vertrag mit vertrautem Handschlag geschlossen wurde. Geplant wurde mit dem Planungsteam des zukünftigen Generalunternehmers, der auf seine eigene Planung angeboten hat. Dieses Angebot wurde dann, initiiert durch den Projektsteuerer mit einem externen, aber vergabenahen Büro auf Marktkonformität geprüft. So war man immer nah am Markt (vielleicht nicht auf den letzten Cent) und hatte trotzdem den vertrauten und zuverlässigen Partner (in der Regel nicht mit Geld zu bezahlen). Diese Modelle sind verschwunden, weil nicht mit den Compliance-Regeln vieler Unternehmer vereinbar oder weil oft die gnadenlose Einkäuferführung von Prozessen den Vorteil solcher Lösungen gar nicht mehr verstanden hat.

Jetzt kommen die Lösungsansätze wieder; wenn auch mit anderer Vertragskonstellation. Gut so, wie wir finden; auch wenn jede Menge Detailthemen einer Klärung bedürfen.



Die Rolle der Projektsteuerung in IPA-Projekten

Auch im Kontext von IPA-Projekten nimmt die Projektsteuerung eine essenzielle Funktion ein. Gleichwohl erfährt die Rolle des Projektsteuerers eine Transformation. Der Projektsteuerer agiert nicht primär als Vertreter des Auftraggebers, sondern nimmt eine unterstützende Funktion für die gesamte Allianz ein, um die übergeordneten Projektziele zu gewährleisten.

Die Kernaufgaben der Projektsteuerung in IPA-Projekten umfassen:

  • Unterstützung des Projektmanagementteams (PMT): Der Projektsteuerer assistiert dem PMT bei der Koordination und Steuerung des Projekts. Dies beinhaltet die Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen, die Moderation von Abstimmungsprozessen und die Überwachung der Projektfortschritte.
  • Etablierung und Management von Projektprozessen: Der Projektsteuerer wirkt maßgeblich an der Definition, Pilotierung, Implementierung, Überwachung und Fortschreibung von Projektprozessen mit. Dies umfasst die Implementierung von Methoden wie Lean Construction und Building Information Modeling (BIM).
  • Sicherstellung von Kommunikation und Dokumentation: Der Projektsteuerer gewährleistet einen effektiven Informationsaustausch zwischen den Allianzpartnern und die umfassende Dokumentation aller relevanten Projektereignisse und -entscheidungen.
  • Proaktives Risikomanagement: Der Projektsteuerer unterstützt bei der Identifikation, Analyse, Bewertung und Steuerung von Projektrisiken und -chancen. Dies beinhaltet die Entwicklung von Risikominimierungsstrategien und die Etablierung eines "Painshare/Gainshare"-Mechanismus.
  • Überwachung von Kosten und Terminen: Der Projektsteuerer übernimmt die kontinuierliche Überwachung und Steuerung von Projektkosten und -terminen, um die Einhaltung der definierten Projektziele sicherzustellen.

Wo ordnet sich die Rolle des Projektsteuerers in diesem Abwicklungsmodell ein? Bleibt er autark im ausschließlichen Vertragsverhältnis mit dem Bauherr oder wird er Teil des IPA-Teams?

Zweifelsfrei ist das aus unserer Sicht für die Phase der Projektvorbereitung. Es gibt zu diesem Zeitpunkt eigentlich nur die Haupt-Player des Projektmanagements - die bauherrnseitige Projektleitung und die extern unterstützende Projektsteuerung. Die Spieler des Mehrparteienvertrages sind noch nicht aufgelaufen. Also bleibt vertraglich alles beim Alten. Der Projektsteuerer wird durch den Bauherrn beauftragt. Natürlich gibt es auch in diese Phase bereits weitere Vertragsplaner. Zu nennen sind hier z.B. Fabrik- und Logistikplaner, Planer der grundlegenden IT-Struktur, Baugrundgutachter, Vermesser, diverse Sachverständige usw. Nach unserem Verständnis werden diese Mitspieler keine Vertragspartei des Mehrparteienvertrages.

In dem Moment, wo der Mehrparteienvertrag aktiv gelebt wird – also irgendwann im Verlauf der LPH 2/3 der HOAI – stehen mehrere Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Das Projektmanagement wird Teil der „Allianz“ …
  • oder es wird durch den Bauherrn beigestellt.



Fazit

IPA-Projekte stellen zweifellos einen Paradigmenwechsel in der Bauindustrie dar, der das Potenzial birgt, Effizienz, Transparenz und den Gesamterfolg von Bauprojekten auf ein neues Niveau zu heben. Für Projektsteuerungsbüros bedeutet diese Entwicklung, sich auf eine erweiterte und modifizierte Rolle einzustellen. Neben den traditionellen Kompetenzen in Kosten-, Termin- und Qualitätsmanagement rücken Fähigkeiten in den Bereichen Kollaboration, Prozessmanagement und die Beherrschung der integrierten Projektabwicklung in den Vordergrund.

In diesem Kontext möchten wir die Philosophie eines bekannten Baumeisters humorvoll aufgreifen: Während Bob der Baumeister stets fragte: "Können wir das schaffen?", und mit einem überzeugten "Ja, wir schaffen das!" antwortete, gehen wir als modernes Projektsteuerungsbüro noch einen Schritt weiter: Wir stellen nicht nur die rhetorische Frage, sondern verstehen uns von Beginn an als integralen Bestandteil des Projektteams.

Seit vielen Jahren leben wir die Überzeugung, dass wir nicht "über" dem Team stehen, sondern "mit" dem Team am Projekterfolg arbeiten. Diese partnerschaftliche Haltung ist gerade bei IPA-Projekten von entscheidender Bedeutung, wo Kooperation und Vertrauen die Grundpfeiler des Erfolgs bilden.

Mit unserer Expertise und unserem Engagement für eine kollaborative Projektkultur sind wir bestens gerüstet, um Sie bei der erfolgreichen Realisierung Ihrer IPA-Projekte zu unterstützen.



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