5 Tipps um das Termin- und Kostenrisiko bei Bauprojekten zu minimieren
Flughafen BER: Eröffnung mit 8 Jahren Verspätung
Ereignisse wie das Bauprojekt am Flughafen Berlin haben weite Kreise in den Medien gezogen. Und dabei ist das bei weitem nicht der einzige Fall, wo die Komplexität des Projektes die Beteiligten in ein Tauziehen und Wettlauf gegen die Zeit gebracht hat. Bauprojekte im gewerblich / industriellen Bereich haben aufgrund ihrer Größe und Komplexität oftmals die Tendenz, unübersichtlich für die einzelnen Verantwortlichen zu werden. Das generiert ein Risiko bezüglich Kosten und Terminen.
Tipp 1: Die richtige Reinfolge des Projektablaufes
Das Unternehmen möchte investieren. Es hat dazu eine Vision; möglicherweise ein Grundstück und eventuell auch einen ersten Businessplan. Der Vorstand benennt eine budgetverantwortliche Projektleitung und ein Terminziel. Die Projektleitung erkennt: Alleine ist das nicht zu stemmen.
Jeder weiß, zu einem Bauprojekt gehört ein Architekt. Der Gedanke: Der Architekt wird die Ablaufstruktur schon definieren. Also wird ein Architekturbüro beauftragt. Dessen Leistungsumfang beginnt in der Regel mit der Leistungsphase 1 nach HOAI; der Grundlagenermittlung. Entsprechend der Aufgabe beginnt das Architekten-Team zu arbeiten und stellt konkrete Fragen. Genau die Fragen, deren Antworten dann die Grundlage für die weitere Planung werden.
Doch die Antworten lassen auf sich warten. Warum. Weil sich das Unternehmen bisher gar nicht oder viel zu oberflächig mit dem eigenen Projekt beschäftigt hat. Man beginnt damit jetzt, wo das Architekturbüro oder der TGA-Planer fragt. Damit haben wir eine, wenn nicht sogar die Hauptursache für eskalierende Projektkosten und Termine identifiziert: Die übersprungene Phase der Projektvorbereitung. Wenn dieser Verifizierungsschritt erst durch die Fragen der Planer initiiert wird, ist völlig klar: Das führt zur Unterbrechung des Planungsprozesses und damit zum ersten Terminverschub. Das kostet Geld. Aber es kann noch schlimmer kommen. Nämlich dann, wenn die interne Verifizierung wegen mangelnder Zeit nur unzureichend durchgeführt wird. Die Ergebnisse bilden dann gar nicht den final durchdachten Wunsch ab. Die Planung baut aber genau darauf auf.
Fazit:
Es gibt eine Projektphase vor der Planungsphase. In der Phase werden die Weichen für den Projekterfolg und damit für die Einhaltung des Kosten- und Terminrahmens gestellt.
Tipp 2: Die richtige Aufgabenzuordnung
Wie oben geschrieben, ertönt der Ruf nach einem Architektenbüro sehr schnell. Der Bauherr verspricht sich damit eine schnelle Entlastung von einem am Anfang schier unendlich erscheinenden Aufgabenpaket der Projektleitung und möchte diese gerne abgeben. Sein Gedanke basiert auf der falschen Annahme, dass das Planungsteam, insbesondere der leitende Architekt, auch die Aufgabe der bauherrnseitigen Projektleitung innehat. Bei Beauftragung des normalen Planungsumfanges nach HOAI ist das aber nicht der Fall. Die Aufgaben eines Architekten sind mit der Planung und der Planungskoordination völlig andere als die der bauherrenseitigen Projektleitung.
Natürlich kann der Bauherr die Aufgaben delegieren, die er aus fachlichen oder kapazitiven Engpässen nicht selber leisten kann. Zu diesem Zwecke wurde die Disziplin der Projektsteuerung geschaffen. Sie ist mit ihren Handlungsbereichen auf die Aufgabe der Projektleitung ausgelegt. Bauherrenseitige Projektleitung und externe Projektsteuerung arbeiten das gleiche Aufgabengebiet ab. Zusammen bilden sie per Verbandsdefinition das Projektmanagement des Projektes.
Fazit:
Eine Vermischung von Aufgaben des Planungsteams mit den Aufgaben des Projektmanagements entspricht nicht einer sauberen Projektstruktur und führt oft dazu, dass die umfangreichen Aufgaben der bauherrenseitigen Projektmanagements nur unzureichend erledigt werden.
Tipp 3: Vollständige Kenntnis der Aufgaben des Projektmanagements
Eine ungeübte Projektleitung wird möglicherweise keine vollständige Kenntnis aller Aufgaben haben, die mit dem Projektmanagement eines Industriebauprojekts verbunden sind. Dies kann aber schnell zum kritischen Faktor für das Planungs- und Terminziel des Projekts werden. Es sollte also vor Baubeginn sichergestellt werden, dass die interne Projektleitung/ der Bauherr welche Themen überhaupt behandeln muss und mit welcher Tiefe bzw. welcher Herangehensweise sie zum Ergebnis gebracht werden können. Themen, die unter das Projektmanagement im Bau fallen, sind zum Beispiel:
- Überprüfung der Wertschöpfungskette auf Zukunftssicherheit
- Betriebssicherheitsverordnung/Gefährdungsanalysen
- Flächengenerierende Funktionen
- Facility-Utility-Matrix/Raumbücher
- IT-Strukturanalyse
- Mitarbeiterkonzept
- Kommunikationsmatrix
- usw.
Fazit:
Es empfiehlt sich, dass der ungeübte Bauherr die nicht leistbaren Aufgaben an einen Projektsteuerer delegiert, um das Planungs- und Kostenrisiko zu minimieren. Dieser übernimmt dann auch die Verantwortung, dass alle notwendigen Themen behandelt und zum Ergebnis gebracht werden.
Tipp 4: Vollumfängliches Projektcontrolling
Zur Aufgabe des Projektmanagements und insbesondere zur Aufgabe der Projektsteuerung gehört das Gesamt-Projektcontrolling. Viele Projekte werden nur deshalb teurer, weil das Budget unvollständig gebildet wurde. Anders gesagt, es wäre schon immer so teuer geworden. Man hat nur mit einem unvollständigen Budgetplan verglichen.
Zugegeben, es ist gar nicht so einfach, alles richtig zu erfassen. Jeder hat sofort die Grundstücks-, Planungs- und Baukosten auf dem Radar. Die erste Grobkostenschätzungen liefern das Architekturbüro und die Fachplaner. Die Baunebenkosten werden oft prozentual geschätzt und das meistens viel zu niedrig und unvollständig. Aber das ist nur die eine Seite. Es gibt viele Kosten, gerade in der KG 600 über die man sich unterhalten und für den Einzelfall über die Aufnahme ins Baubudget entscheiden muss. Solche typischen Kosten sind z.B.
- Möblierungen
- Unterstützendes Prozessequipment wie Regale, automatische Regalsysteme, Fördersysteme, Lagersysteme
- Küchenausrüstungen
- Aktive Komponenten IT
- Sicherheitssysteme
- Multi-Media-Komponenten
- Zutrittskontrollsysteme
- usw.
Es gibt sehr viele Themen, die behandelt und entschieden werden müssen. Dies bedingt einen zusätzlichen Zeitfaktor, der oftmals unterschätzt wird. Ist ein Projektsteuerer an Bord, dann wird er durch diese Kostenthemen nach Checkliste durchmanövrieren, um ein vollständiges Projekt-Controlling zu etablieren.
Fazit:
Ein vollständiges Projektbudget ist Voraussetzung für Bauherrenentscheidung über das Projekt an sich und über Projektinhalte. Wurde das Budget falsch gebildet vergleicht man zwangsläufig Äpfel mit Birnen.
Tipp 5: Falsche Terminvorstellungen vermeiden
„Die Chinesen können es doch auch schneller.“ ist häufig eine Impulsreaktion auf den ersten, aus der Erfahrung geborenen Rahmenterminplan der Projektsteuerung.
Die Terminvorstellungen vieler Bauherren sind (aus Unerfahrenheit) oftmals stark realitätsfremd. Es obliegt dem Projektsteuerer transparent die Zusammenhänge und die Notwendigkeit sequentieller Vorgänge aufzuzeigen. Insbesondere die Phase der Projektvorbereitung, die maßgeblich über eine störungsarme Planungs- und Ausführungsphase entscheidet, wird völlig unterschätzt. Und die durch den Bauherrn selber zu erledigenden Aufgaben werden oft als Nebenbeschäftigung und damit als nicht sehr zeitaufwendig bewertet. Die Phase der Projektvorbereitung für ein komplexes Projekt würden wir durchaus mit einem Jahr bewerten. Allein diese Ansage löst oft jähes Entsetzen aus.
Nun könnte man dem Bauherrn sagen, okay, versuchen wir es schneller. Aber die Projektphasen holen sich die Zeit. Das kann man auch nur marginal mit verstärkten Kapazitäten kompensieren. Ernüchternd wirkt dann oft, dass gerade die notwendigen Kapazitäten in den eignen Reihen fehlen, um das Projekt auf die richtige Schien zu setzen. Insofern wäre es nicht seriös, dem Bauherrn etwas vorzumachen. Falsche Terminvorstellungen gefährden den Businessplan des Bauherrn.
Es ist völlig klar, dass ein zu kurz gestrickter Rahmenterminplan, der die Phasen nicht richtig abbildet, folgerichtig zu einem Projektverzug führen muss.
Fazit:
Nach der Erstanalyse des Projektes muss ein Rahmenterminplan aufgestellt werden, der alle notwendigen Phasen angemessen berücksichtigt. Andernfalls ist das Projektrisiko „Terminverschub“ vorprogrammiert.